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Præfatio.
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periundis.La Hinc tanta inter plebeios mise-
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ria et egestas fuit, ut multos fame perire
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fuerit necesse: multos patrios lares deserere,
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et militiae nomen dare, multos ad extremam
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mendicitatem, multos ad corporalium virium plenam
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destructionem, continuasque infirmitates ruere, com-
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pulerit.Lb Cui non parum succollavit bellorum inter
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Imperatorem et confoederatos ex una, et regem
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Galliae ex altera parte continua furia, qua
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multae regiones misere depopulatae fuerunt, unde
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ex remotis terris ad nos (utpote in pace et quiete
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per misericordiam Divinam hactenus conservatos, ad
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multorum invidiam) pauperum infinita multi-
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tudo concurrit: quibus tamen omnibus eleemosyna,
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pro re rata largissime dabatur, etsi una die
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illi ipsia saepe bis, saepe ter, saepe saepius accederent.Lc
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Dedit denique messis anno praesente levamen, si-
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quidem haec ultra memoriam hominum copiosa larga-
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que censebatur: Arbores etiam ultra omnium opinio-
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nem in cerasis, pomis, pirisque tantam fructuum
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quantitatem tulerunt, ut pauperes ex iis solum
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indigentiam suam solari satis superque potuerint.
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Quibus omnibus si vites etiam accessissent, reputa-
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ri hic annus potuisset inter fertiles non ul-
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timus.Ld
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Celebris etiam merito iste annus haberi debet, ex
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amica compositione antiquae, multa millia flo-
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renorum constantis et vorantis controversiae Monasterii nostri Einsidlensisb cum
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Illustrissimo Domino Episcopo Constantiensi eiusque Cathedrali
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CapituloLe
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  1. a Ergänzung durch Autor am Seitenrand. Rekonstruiert: "illi ipsi" eingefügt.

  2. b Ergänzung durch Autor am Seitenrand. Rekonstruiert: "Monasterii nostri Einsidelensis" eingefügt.

 

Zusatz-Fussnoten
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Latein
  1. La (lat) Eine Fuhre Wein aus dem Jahr 1693 wurde, kaum gepresst, für zweihundert Gulden feilgeboten; älterer Wein wurde auf bis zu dreihundert Gulden oder mehr geschätzt und war kaum mehr aufzutreiben.

  2. Lb (lat) Dies brachte das gemeine Volk in eine derart grosse Not und Armut, dass viele verhungern, viele ihre väterlichen Häuser verlassen und sich als Söldner verdingen mussten, viele völlig verarmten, viele der körperlichen Auszehrung und beständigen Krankheiten ausgesetzt waren.

  3. Lc (lat) Eine grosse zusätzliche Bürde entstand durch das ununterbrochene Wüten der Kriege des Kaisers und der Verbündeten auf der einen und gegen das Königreich Frankreich auf der anderen Seite. Viele Gebiete wurden dadurch elendiglich verheert, weshalb Bettler in unendlicher Zahl aus entlegenen Gegenden zu uns strömten, denn bei uns waren Ruhe und Frieden durch die Barmherzigkeit Gottes bislang bewahrt geblieben, was bei vielen Neid erregte. All diesen Bettlern verteilten wir den Umständen entsprechend sehr grosszügig Almosen, auch wenn sie am selben Tag oft zweimal, oft dreimal, oft noch häufiger zu uns kamen.

  4. Ld (lat) Die Ernte des gegenwärtigen Jahres brachte schliesslich etwas Linderung, glaubte man doch, dass sie seit Menschengedenken noch nie so reichlich und üppig ausgefallen war. Die Obstbäume trugen mehr Kirschen, Äpfel und Birnen als alle erwartet hatten, sodass allein schon damit die Armen ihren Hunger mehr als zur Genüge stillen konnten. Wären noch die Weinreben hinzugekommen, hätte man dieses Jahr zu den erntereichsten überhaupt zählen können.

  5. Le (lat) Als denkwürdig muss dieses Jahr zu Recht auch wegen der freundschaftlichen Beilegung des alten, viele tausend Gulden verschlingenden Zwists gelten, den unser Kloster Einsiedeln mit Seiner Fürstlich Gnaden, dem Herrn Bischof von Konstanz, und seinem Kathedralkapitel geführt hat. Dieser wurde an einem einzigen Tag durch zwei Delegierte des Herrn Bischof und zwei Delegierte unseres Klosters unter Beifall aller glücklich beigelegt.